Caritas in 7 Sätzen
Das ist doppeldeutig gemeint. Bewegen wollen sich die Menschen in der Caritas, die fast 50.000 Mitarbeiter in Krankenhäusern, Altenheimen, Sozialstationen, Beratungsstellen...
Um mit weniger Geld den wachsenden Bedarf an sozialer Arbeit aufzufangen, ohne dabei das ganzheitliche christliche Menschenbild aus dem Auge zu verlieren, werden viele liebgewonnene Arbeitsweisen über Bord geworfen werden müssen. Betriebswirtschaftlich denken und christlich Handeln lautet die Devise. Ein neuer Ansatz, der verstärkt die Sozialarbeit der Caritas bestimmen soll, setzt bei den eigenen Kräften und Fähigkeiten der Menschen an, denen geholfen werden soll. Caritas-Mitarbeiter wollen dem Ratsuchenden die Hilfe nicht überstülpen, sondern ihm seine eigenen Möglichkeiten bewußt machen und die Voraussetzungen schaffen, aus eigener Kraft die Lebenskrise zu überwinden. In diesem Sinne will die Caritas die Menschen bewegen.
Schließlich versteht sich Caritas seit jeher als "Bewegungsorganisation". Sie macht auf gesellschaftliche Mißstände und soziale Ungerechtigkeiten aufmerksam. Hier will sich die Caritas in der Diözese Münster auch in Zukunft dafür einsetzen, Veränderungen auch auf politischer Ebene zu erreichen zum Wohle aller Menschen. In sechs Leitsätzen, die im siebten "Menschen bewegen - Caritas" zusammengefaßt werden, wird der Weg zu diesen Zielen konkret. Sie erheben weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf literarische Güte. Von rund 50 Mitarbeitern örtlicher Caritasverbände und des Diözesancaritasverbandes sind sie in langem Ringen um einzelne Worte entstanden. Sie geben den Kern dessen wieder, um was es der Caritas in der Diözese Münster als Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche geht.
1 - Wir nehmen Menschen an, wie sie sind.
An diesem Satz entzünden sich viele Diskussionen. Der Anspruch ist hoch und für den einzelnen Menschen kaum erreichbar. Aber eindeutig ist das Ziel benannt. Die Grundlage der Caritas ist, den Menschen als Ganzheit zu sehen. Das heißt auch, nicht das zu sehen, was ihn behindert wie Alter oder Krankheit beispielsweise, sondern seine Fähigkeiten und Stärken zu erkennen.
2 - Unser Anliegen ist das Wohlergehen der Menschen in materieller, körperlicher, geistiger und seelischer Hinsicht.
In jeglicher Hinsicht will die Caritas, daß es den Menschen wohl ergeht. Was das für den Einzelnen bedeutet, definiert er für sich selbst. Leitlinie ist die Frage Jesus: "Was willst du, daß ich dir tun soll?"
3 - Wir stärken die Eigenkräfte der Menschen, fördern ihre Selbständigkeit und achten ihre Würde.
Jeder Mensch trägt die Kraft zur eigenen Entwicklung in sich und kann diese allein oder mit Unterstützung anderer einsetzen. Caritas will diese Kräfte wecken und Unterstützung geben, damit es dem Menschen gelingt, sein Leben selber zu gestalten. In die Praxis umgesetzt werden soll dies mit modernen Methoden der Sozialarbeit, die die Würde des Menschen auch beim Helfen beachtet.
4 - Wir entwickeln neue Strategien und Projekte der Hilfe, orientieren uns am Gemeinwohl und arbeiten wirtschaftlich.
Immer wieder haben die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in der Vergangenheit neue Maßstäbe für die soziale Arbeit in Deutschland entwickelt und gesetzt. Zum Beispiel ist die heute bundesweit anerkannte und im Kinder- und Jugendhilfegesetz verankerte Sozialpädagogische Familienhilfe vor 20 Jahren von der Caritas Ibbenbüren angestoßen worden. Auch in Zukunft will Caritas die Kreativität der Mitarbeiter und finanzielle Mittel einsetzen, um die Lebensbedingungen der Menschen unter den sich ständig ändernden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.
Da sich Caritas ganz überwiegend aus Steuermitteln bzw. aus Geldern der Kranken- und Pflegeversicherung finanziert, müssen diese anvertrauten Gelder so wirtschaftlich wie möglich eingesetzt werden. Auch hier sind Kreativität und neue Wege gefragt. Geld darf dabei aber nur Mittel zum Zweck sein. Im Kern geht es Caritas um das Leben der Menschen, eben das Gemeinwohl.
5 - Unsere selbständigen Verbände und Einrichtungen orientieren sich an den Bedürfnissen vor Ort und bieten Arbeitsplätze sowie Möglichkeiten des freiwilligen sozialen Mitwirkens.
Der Caritas als größtem deutschen Wohlfahrtsverband wird immer wieder vorgeworfen, ein "Sozialkonzern" zu sein. Tatsächlich lebt sie aus der bunten Vielfalt örtlicher Dienste und Einrichtungen, die oft aus der Initiative einzelner Menschen entstanden und sich ganz individuell entwickelt haben. Sie sind und sollen auch in Zukunft weitgehend selbständig bleiben, um flexibel und schnell auf die örtlichen Bedürfnisse reagieren zu können.
"Konzerngröße" mag die Caritas haben als Arbeitgeber. Hier trägt sie natürlich auch eine große Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, die von ihr existentiell abhängig sind. Den Bedürfnissen vor Ort so gut angepaßt ist Caritas vor allem auch wegen des Engagements von rund 12.000 ehrenamtlichen Mitarbeitern in der Diözese. Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter wollen sich ergänzen. Dazu muß das Ehrenamt von den Verbänden gefördert und unterstützt werden.
6 - Wir handeln als Teil der Kirche; unsere vorrangige Option gilt den Armen und Schwachen.
Caritas ist neben Verkündigung und Liturgie die dritte Säule der katholischen Kirche. Hier zeigt sich, wofür Kirche steht, was sie feiert und was sie als Hoffnung verspricht. Caritas handelt als Teil der Kirche dort, wo sie den Menschen tatsächlich in all seinen Befindlichkeiten annimmt, wie es der erste Leitsatz fordert, und sie sich vorrangig für die Armen und Schwachen in unserer Gesellschaft einsetzt. Konkret bedeutet das auch die politische Einmischung für die heute 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung, die in die Armut abgedrängt wird. Dieser sechste Leitsatz weist zudem darauf hin, daß die Caritas im Auftrag des Bischofs handelt und unter seinem Schutz steht.
7 - Menschen bewegen - Caritas.
so lautet der Kernsatz in dem sich die sechs Caritas-Leitsätze der Diözese Münster bündeln. Mit dem Kernsatz werden die Inhalte und Ziele der Leitsätze auf den Punkt gebracht. Der Kernsatz benennt das Spezifikum, den Kern einer Organisation. Unter dem Kernsatz soll die Organisation / Einrichtung bekannt sein oder werden. Er ist gleichsam ihr Erkennungszeichen. Er drückt Aufforderung, Feststellung, Zukunftsperspektive und Hoffung aus, mit der die verbandliche Caritas unterwegs ist.
Menschen bewegen - Caritas soll aber auch verstanden werden im Sinne von: Viele unterschiedliche Menschen sind es, die die Caritas bewegen, sei es als Einrichtung der Behinderten- oder Krankenhilfe, als Beratungsstelle, als ehrenamtliche Initiative, als Hilfe von Mensch zu Mensch oder als große Bewegungsorganisation, die die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen weiterentwickeln will zum Wohle der Menschen.